Die Philosophin Mathilde Ludendorff
Mathilde Friederike Karoline Spieß wurde am 4. Oktober 1877 in Wiesbaden als Tochter von Johanna Luise Ernestine und Prof. Dr. Bernhard August Friedrich Spieß geboren. Sie hatte mehrere Geschwister, ihr Vater war evangelischer Lehrer, Theologe und Sanskritforscher.
Die junge Mathilde Spieß wurde Lehrerin für „mittlere und höhere Töchterschulen“. Da sie bereits zu dieser Zeit den Morallehren der Bibel kritisch gegenüberstand, sah sie sich gezwungen, den Religionsunterricht aufzugeben.
Trotz der damals allgemein vorherrschenden Zweifel an der geistigen Leistungsfähigkeit des weiblichen Geschlechtes, entschloß sie sich als eine der ersten Frauen in Deutschland, Medizin zu studieren. Nachdem Sie das Abitur nachgeholt hatte, begann sie 1901 mit Ihrem Medizinstudium in Freiburg. Dabei hinterließen u.a. die Vorlesungen des Zoologen Dr. August Weismann bei ihr einen nachhaltigen Eindruck. Nach dem Physikum 1904 führte sie ihr Studium in Berlin weiter.
Dort heiratete sie im gleichen Jahr Gustav Adolf von Kemnitz. Zwei Jahre später erfolgte ihr gemeinsamer Kirchenaustritt. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, die Tochter Ingeborg und die Zwillingssöhne Asko und Hanno.
Nach fünfjähriger Kinderpause setzte sie 1910 ihr Studium fort. Durch die Begegnung mit dem bekannten Psychiater Prof. Dr. Kräpelin legte sie ihren medizinischen Schwerpunkt auf die Seelenheilkunde und beendete 1913 ihr Studium mit Auszeichnung. Ihre Dissertation „Der asthenische Infantilismus des Weibes in seinen Beziehungen zur Fortpflanzungstätigkeit und geistigen Betätigung“ erschien im Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie 1913. In diesem Jahr veröffentlichte sie ihre erste Schrift wider den Aberglauben: „Moderne Mediumforschung – ein Blick in die Dunkelkammer der Geisterseher„.
Im ersten Weltkrieg leitete sie als Psychiaterin ein Offiziergenesungsheim in Garmisch-Partenkirchen. 1917 starb ihr erster Mann bei einem Lawinenunglück. Noch im gleichen Jahr erschienen „Das Weib und seine Bestimmung“ und „Erotische Wiedergeburt“ (später unter dem Titel „Der Minne Genesung“ veröffentlicht). In beiden Werken sowie in „Des Weibes Kulturtat“ 1920 kam ihr Einsatz in der Frauenbewegung der damaligen Zeit zum Ausdruck.
Ihre zweite Ehe mit einem Frontoffizier löste sie nach kurzer Dauer 1920 auf.
In den Wirren der Nachkriegszeit kam Frau Dr. von Kemnitz mit der völkischen Bewegung in Berührung. Dort lernte sie im Herbst 1923 auch General Erich Ludendorff kennen. Bereits 1921 hatte Frau Dr. von Kemnitz ihr erstes und grundlegendes philosophisches Werk, „Triumph des Unsterblichkeitwillens„, veröffentlicht, 1923 folgte die „Schöpfungsgeschichte“ und zwei Jahre später „Des Menschen Seele„. Der General erkannte in diesen philosophischen Erkenntnissen die Grundlagen für die völkische Bewegung, nach denen er so lange gesucht hatte.
Die beiden artverwandten und ebenbürtigen Menschen schlossen 1926 die Ehe. Beide ergänzten sich hervorragend in ihrem aufklärerischen Wirken über die v.a. seelischen Gefahren, die dem einzelnen und den Völkern von religiösen Machtgruppen drohten. In unermüdlicher Arbeit gingen unzählige Kleinschriften und Bücher ins Volk (mehr dazu siehe Geschichte des Bundes für Gotterkenntnis). Die Philosophie verband sich nun mit dem weltgeschichtlichen Namen des berühmten Generals.
1933 zogen sie von München nach Tutzing am Starnberger See um. Bis zum Tod Erich Ludendorffs 1937, erschien noch das Dreiwerk „Der Seele Wirken und Gestalten„.
Obwohl sich die Philosophin und der General bereits 1924 nach kurzer gemeinsamer Kampfzeit von Hitler trennten und fortan in zahlreichen Veröffentlichungen gegen den Nationalsozialismus Stellung bezogen, mußte sich Mathilde Ludendorff nach dem Krieg einem Entnazifizierungsverfahren unterwerfen. Zunächst als Hauptbeschuldigte eingestuft, wurde sie nach erfolgtem Einspruch als Mitläuferin verurteilt.
In den Nachkriegsjahren erschien ihr letztes Dreiwerk „Das Jenseitsgut der Menschenseele.
Am 12.5.1966 starb die Philosophin im Alter von 89 Jahren und wurde in Tutzing am Starnberger See an der Seite des Feldherrn Ludendorff bestattet.
Mathilde Ludendorff hat Ihre Lebenserinnerungen in 6 Bänden niedergeschrieben. Sie tragen den Titel „Statt Heiligenschein oder Hexenzeichen mein Leben.“ Damit wendet sie sich gegen eine Heiligsprechung ebenso, wie gegen eine Verteufelung Ihrer Person (die Lebenserinnerungen sind erhältlich beim Verlag Hohe Warte).