Übereinstimmung besteht in der Frage, daß es eine Evolution gegeben hat. Evolutionäre Betrachtungen durchziehen alle Werke Mathilde Ludendorffs. Sie anerkennt auch die Wirkung von Mutation und Selektion, hält sie jedoch nicht für ausreichend, die Evolution zu erklären. Die naturwissenschaftliche Forschung nach weiteren Evolutionsmechanismen, über Selektion und Mutation hinaus, ist auch heute noch nicht abgeschlossen. Mathilde Ludendorff lehnt den darwinistischen Ansatz, nach dem die Evolution ein rein kausal ablaufender, mechanistischer Vorgang sei ab, stimmt aber gleichzeitig der naturwissenschaftlichen Forderung zu, daß es keine willkürlichen, „wundersamen“ Aufhebungen der Naturgesetze geben kann. Die Auflösung dieses Widerspruches könnte darin liegen, daß es innerhalb der Erscheinungswelt Bereiche gibt, in denen Raum, Zeit und Ursache nicht mehr eindeutig faßbar sind. Bekannt ist in diesem Zusammenhang die Heisenbergsche Unschärferelation. Auch bei der Kristallbildung finden sich solche Unschärfen. In diesen „Freiräumen“ könnte ohne Außerkraftsetzen der Kausalität, das möglich sein, was philosophisch, und der Vernunft nicht erklärbar, als
„Neuoffenbarung göttlichen Willens“ umschrieben wird (z.B. 4, S. 82).
(Leupold, H.: Philosophische Erkenntnis in ihrer Beziehung zur Naturwissenschaft. 2001)
Aus der philosophisch begründeten Finalität der Schöpfung ergibt sich, daß es nach Erreichen des Schöpfungszieles, des bewußten Lebewesens, keine wesentlichen evolutionären Entwicklungsschritte mehr geben wird. Rein evolutionsbiologisch betrachtet, besteht für eine solche Annahme natürlich kein Anlaß. Da eine solche Entwicklung neuer „Bauplantypen“ Zeiträume erfordert, die menschliche Dimensionen weit übersteigen, kann die Frage nach dem Ende der Evolution aus methodischen Gründen nicht beantwortet werden. Daß auf rein kausaler Ebene auch heute noch Mutation und Selektion wirken, ist unstrittig.